Wagner, Martin

dt., seit 1944 US-amerik. Architekt, Stadtplaner, * 05.11.1885 Königsberg, † 28.05.1957 Cambridge/Massachusetts (USA), Rel.: konfessionslos, aus protestantischem Elternhaus, Mtgl.: SPD (1924-1931), Der Ring, DWB, BDA, American Academy of Art and Sciences

 

Martin Wagner

     
   

Ausbildung, Tätigkeit vor 1933:
1905-10 Studium der Architektur, Städtebau und Volkswirtschaft in Berlin und Dresden
1908-09 Mitarbeit im Atelier von Hermann Muthesius, Berlin
1910 Dipl.-Ing. (Dresden), Anstellung in der Hochbauabteilung Berlin-Weißensee
1911-14 Leiter des Stadtbauamtes Rüstringen/Wilhelmshaven, erste Bauten im Rahmen seiner Tätigkeit
1914 Anstellung beim Verband Groß-Berlin
1915 Promotion zum Dr.-Ing. über „Das sanitäre Grün der Städte“ an der TH Berlin
1918 Militärdienst, Eisernes Kreuz erster Klasse
1918 Ernennung zum Stadtbaurat von Schöneberg bei Berlin, erste Veröffentlichungen, Forderung nach Verstaatlichung des Baugewerbes
1919 Gründung der Bauhütte Berlin
1919/20 Bau der Siedlung Lindenhof
1920 Aufgabe seiner Tätigkeit als Stadtbaurat, Gründung des Verbandes sozialer Baubetriebe VSB
1924 Mitbegründer der Wohnungsbaugesellschaft Deutsche Wohnungsfürsorge AG Dewog und deren Tochtergesellschaft Gehag (Gemeinnützige Heimstätten AG); Herausgeber der Zeitschrift Soziale Bauwirtschaft
1924/1929 Studienreisen nach Amerika
1925-27 Hufeisensiedlung Berlin-Britz
1926 Ernennung zum Stadtbaurat von Groß-Berlin
1926-31 Vorplanungen für die Großsiedlung Berlin-Zehlendorf
1928 Planung des Berliner Messegeländes mit Hans Poelzig, Planung der Umgestaltung des Alexanderplatzes und des Potsdamer Platzes
1929 Projektierung von Großsiedlungen im sozialen Wohnungsbau, Herausgeber der Architekturzeitschrift „Das Neue Berlin – Großstadtprobleme“, Mitinitiator “Deutsche Bauausstellung“, Berlin 1931
1930 Bau des Strandbades Berlin-Wannsee, Reise nach Moskau, Angebot zur Anstellung als Städtebauer, Arbeiten an einem Film über Städtebau „Die Stadt von morgen“
1931 am 01.04. Austritt aus der SPD als Protest gegen deren Duldung von Bodenspekulation, Befürwortung der sozialistischen Planwirtschaft, seit dem 10.08. Mitglied der Preußischen Akademie der Künste, Austritt im Februar 1933 aus Protest gegen den Ausschluss von Heinrich Mann und Käthe Kollwitz
1932 Entwurf „Das wachsende Haus“ für die Ausstellung „Sonne, Luft und Haus für alle!“, Berlin

Tätigkeit seit 1933, Exilstationen:
1933 am 14.03. Entlassung als Berliner Stadtbaurat, Streichung seiner finanziellen Bezüge, Berufsverbot als Architekt
1934 Ausschluss aus DWB nach dessen Eingliederung in die Reichskulturkammer (als roter Rat diffamiert)
1934/35 Veröffentlichungen in der Deutschen Bauzeitung unter dem Namen Gertrud Sandow, seiner Frau
1935 Emigration in die Türkei aufgrund einer Anfrage der Stadt Istanbul (vermittelt durch Poelzig), ab Mai erster Beratervertrag, Technischer Berater für Städtebau: Gutachten für städtische Bauvorhaben; Berufung an die Akademie der Schönen Künste in Istanbul, Professur für Stadtplanung in Istanbul
1937 Professur in Ankara
1938 Gutachtertätigkeit für das Ministerium für öffentliche Arbeiten, Planung von Fabriken, Dämmen u.a., aufgrund mangelnder praktischer Betätigungsmöglichkeiten Arbeit an seinen theoretischen Schriften, erste Skizzen für sein „Iglu-Haus“, Emigration in die USA, auf Vermittlung von Walter Gropius Berufung an die Harvard University
1939 Beginn der Vorlesungstätigkeit als Professor für Städtebau, Zusammenarbeit mit Walter Gropius
1940 Ausbürgerung aus Deutschland, staatenlos bis 1944
1945 Mitgliedschaft in der American Academy of Arts and Science, Theorie des dynamischen Städtebaus (vgl. „Wirtschaftlicher Städtebau“, Stuttgart 1951)

Tätigkeit nach 1945:
1945 erneut Mitglied der Akademie der Künste, West-Berlin, vergebliche Bewerbung um die Stelle als Stadtbaurat in W.- Berlin
1950 Emeritierung
1952 erste Reise nach Deutschland: Mitglied der Jury zur Auswahl einer Bergarbeitersiedlung mit 1000 Wohnungen bei Dortmund, finanziert durch die USA, Rundreise durch Deutschland, Vortrag an der TH Berlin
1953 scharfe Kritik an der geplanten Architekturausstellung Interbau (1957) in Briefen an die Verantwortlichen (s.a. „Potemkin in Westberlin“)

Bauten/Projekte 1933-45 (Auswahl):
Verkehrsanalyse der Stadt Istanbul, 1935
Entwurf der Siedlung Florya am Marmarameer, 1935
Entwurf eines Sommerhauses für Atatürk 1935
Gestaltung einer Ausstellung zum 10. Jahrestag der Türkei 1937 „Das Iglu-Haus“, vorfabriziertes System für den Wohnungsbau, US-Patent 1941
„Weston-Weyland Projekt“, entwickelt mit Gropius und Studenten der Harvard University 1943
„New Town Projekt“ bei Concord, Mass. 1945
Idee der Stadtschaften auf vergesellschaftlichtem Grund und Boden, 1945
„Boston Center“, Planungsstudie zu Sanierung Bostons, 1945

Eigene Schriften (Auswahl):
Die Sozialisierung der Baubetriebe, Berlin 1919.
Herausgeber: Das Neue Berlin, Heft 1-12, Berlin 1929.
Städtebauliche Probleme in Amerika, Berlin 1929.
Das wachsende Haus, Berlin, Leipzig 1932.
Die neue Stadt im neuen Land, Berlin 1934.
Wirtschaftlicher Städtebau, Stuttgart 1951.
Potemkin in W.- Berlin, Berlin (West) 1954.

Literatur (Auswahl):
BHE II: 1199-1200.
Nicolai 1998.
„Brief aus Amerika“, in: Neue Bauwelt, Heft 18/1946: 10-11.
Helmut Frank, „... die Rettung der Seele durch Gestalt“, in: Archithese, 5/1984: 23-28.
Bernard Wagner, Martin Wagner 1885-1957. Leben und Werk, Hamburg 1985.
Martin Wagner 1885-1957, Wohnungsbau und Weltstadtplanung – Die Rationalisierung des Glücks, hg. v. Akademie der Künste, Berlin 1985.
Ludovica Scarpa, Martin Wagner und Berlin. Architektur und Städtebau in der Weimarer Republik, Braunschweig/Wiesbaden 1986.
Haymatloz. Exil in der Türkei 1933-1945, hg. v. Verein Aktives Museum, Berlin 2000.
www.groveart.com

Stiftung/Museum/Nachlass:
Nachlass Martin Wagner im AAK, Archiv der Akademie der Künste, Berlin
Nachlass Martin Wagner, Harvard University, USA


Bearbeitet von Joachim Ehmann

 

Verkehrsanalyse der Stadt Istanbul, 1935

 

Entwurf der Siedlung Florya am Marmarameer, 1935

 

„Das Iglu-Haus“, vorfabriziertes System für den Wohnungsbau, US-Patent 1941

 

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„New Town Projekt“ bei Concord, Massachusetts, 1945