Zur Geschichte des Fachgebiets Kunstgeschichte am KIT
1868 am damals noch Großherzoglichen Polytechnikum eingerichtet, zählt der Lehrstuhl für Kunstgeschichte in Karlsruhe zu den ältesten kunstgeschichtlichen Professuren im deutschsprachigen Raum. Der erste Lehrstuhlinhaber war der Holbein-Spezialist Alfred Woltmann. Auf ihn folgte 1874 Bruno Meyer. Wilhelm Lübke, der von 1885 bis 1893 in Karlsruhe lehrte, stammte – wie seine beiden Vorgänger – aus dem Berliner Kreis um Carl Schnaase. Nach dem Tod Lübkes wurde der kunstgeschichtliche Lehrstuhl mit einem Architekten und Kunsthistoriker, Adolf von Oechelhäuser, besetzt. Den Ruf auf die Nachfolge Oechelhäusers erhielt Albert Erich Brinckmann, der bereits seit 1912 als außerordentlicher Professor in Karlsruhe lehrte, den Ruf aber ablehnte. Das Ministerium in Karlsruhe berief daraufhin den Architekten Karl Wulzinger, einen Spezialisten für frühe islamische Baugeschichte, der das kunstgeschichtliche Institut in ein Institut für Kunst- und Baugeschichte umbenannte und es 1937 in die Abteilung für Architektur zurückführte. Arnold Tschira, ebenfalls ein Architekt und Bauhistoriker, leitete das Institut von 1949 an und widmete es 1955 in ein Institut für Baugeschichte um. 1957 wurde Klaus Lankheit berufen, der das neue Institut für Kunstgeschichte begründete. Sein Nachfolger wurde 1982 Johannes Langner. Von 1997 bis 2009 leitete Norbert Schneider das Institut. 2009 wurden das Institut für Kunstgeschichte und das Institut für Baugeschichte im Rahmen einer fakultätsinternen Strukturreform zum Institut für Kunst- und Baugeschichte zusammengeführt. Zum April 2016 erfolgte die Berufung Oliver Jehles als Nachfolger auf dem Lehrstuhl Norbert Schneiders. Im Oktober 2018 folgte Inge Hinterwaldner als weitere Professorin für Kunstgeschichte dem Ruf an die KIT-Fakultät für Architektur.
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Der Lehrstuhl für Kunstgeschichte, der im Jahr 1868 am damals noch Großherzoglichen Polytechnikum, dem institutionellen Vorläufer der heutigen Universität, eingerichtet wurde, zählt zu den ältesten kunstgeschichtlichen Professuren im deutschsprachigen Raum. Der erste Lehrstuhlinhaber war Alfred Woltmann, der sich als Holbein-Spezialist und einer der Protagonisten des berühmten Holbein-Streits von 1871 einen Namen machte. Auf ihn folgte 1874 der Ästhetiker und Pädagoge Bruno Meyer, dessen Verdienst es war, in den späten 1870er Jahren die Diaprojektion in die kunstgeschichtliche Lehre eingeführt und mit dieser technischen Neuerung das kunsthistorische Arbeiten grundlegend verändert und modernisiert zu haben. Der profilierteste Kunsthistoriker, den die Polytechnische Schule im 19. Jahrhundert hatte, war Wilhelm Lübke, der von 1885 bis 1893 in Karlsruhe lehrte und in dieser Zeit seine Geschichte der deutschen Kunst von den frühen Zeiten bis zur Gegenwart schrieb. Ihm wurde in Karlsruhe ein Denkmal gesetzt, das heute an der Südostfassade des Fakultätsgebäudes steht. Nach dem Tod Lübkes, der wie seine beiden Vorgänger aus dem Berliner Kreis um Carl Schnaase stammte, wurde der kunstgeschichtliche Lehrstuhl erstmals nicht mehr mit einem Geisteswissenschaftler, sondern mit einem Architekten, Adolf von Oechelhäuser, besetzt. Oechelhäuser betrieb regionalgeschichtliche Architekturforschung. Bekannt wurde er durch seine Arbeiten zum Heidelberger Schloss und seine Dokumentationen badischer Kunstdenkmäler.
Als Oechelhäuser 1919 aus seinem Amt ausschied, wurde die Kunstgeschichte von der Architektur-Abteilung der inzwischen zur Technischen Hochschule erhobenen Lehranstalt in die Allgemeine Abteilung verlegt. Den Ruf auf die Nachfolge Oechelhäusers erhielt Albert Erich Brinckmann, der bereits seit 1912 als außerordentlicher Professor in Karlsruhe lehrte, den Ruf aber ablehnte. Das Ministerium in Karlsruhe berief daraufhin den aus München stammenden Architekten Karl Wulzinger, einen Spezialisten für frühe islamische Baugeschichte, der das kunstgeschichtliche Institut in ein Institut für Kunst- und Baugeschichte umbenannte und es 1937 in die Abteilung für Architektur zurückführte. Wulzingers Nachfolger Arnold Tschira, ebenfalls ein Architekt und Bauhistoriker, der das Institut von 1949 an leitete, widmete es 1955 in ein Institut für Baugeschichte um. Die Architektur-Abteilung unter dem Dekanat von Egon Eiermann bemühte sich schon bald nach dem Krieg, einen neuen, eigenständigen Lehrstuhl für Kunstgeschichte einzurichten. 1957 wurde Klaus Lankheit berufen, der das neue Institut für Kunstgeschichte begründete. Lankheit, der auf den Gebieten des Spätbarock, des Klassizismus, der Romantik und der Klassischen Moderne arbeitete, etablierte die Kunstgeschichte in Karlsruhe, deren Aufgabe bis in die 1950er Jahre auf ihren Beitrag zur Architektenausbildung begrenzt war, als selbständiges Lehrfach. Er leitete das Institut bis zu seiner Emeritierung im Jahr 1980. Sein Nachfolger wurde 1982 Johannes Langner, der wie sein Vorgänger an der Klassischen Moderne interessiert war, darüber hinaus an der französischen Kunst des 17. und 18. Jahrhunderts. Langner wurde 1997 emeritiert. Von 1997 bis 2009 wurde das Institut von Norbert Schneider geleitet, der mit einer Reihe von kunstgeschichtlichen Grundlagenwerken, mit Arbeiten zur frühneuzeitlichen Malerei und mit Darstellungen zur Geschichte der Ästhetik und der Kunsttheorie die Forschungstätigkeit des Instituts geprägt hat. Unter seiner Leitung wurde der Magisterstudiengang Kunstgeschichte 1999 in einen konsekutiven Bachelor-und Masterstudiengang Kunstgeschichte umgewandelt. 2009 wurden das Institut für Kunstgeschichte und das Institut für Baugeschichte im Rahmen einer fakultätsinternen Strukturreform zum Institut für Kunst- und Baugeschichte zusammengeführt.
Literatur
Adolf von Oechelhäuser: Der kunstgeschichtliche Unterricht an den deutschen Hochschulen, Karlsruhe 1902.
Aktenauszüge zur Geschichte des Lehrstuhls und Instituts für Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule Karlsruhe. Aus den Akten der Abteilungen 235 und 448 des Badischen Generallandesarchivs Karlsruhe, zusammengestellt von Joachim Hotz, Karlsruhe 1965.
Reinhard Rürup: Friedrich Theodor Vischer und die Anfänge der Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule in Karlsruhe, in: Zeitschrift für die Geschichte des Oberrheins 113 (1965), S. 415-427.
Klaus Lankheit: Kunstgeschichte unter dem Primat der Technik. Rektoratsrede, gehalten bei der Jahresfeier am 4. Dezember 1965, Karlsruhe 1966.
Annemarie Jaeggi: Geschichtliches Wissen und ästhetische Bildung. Das Fach Kunstgeschichte an der Universität Karlsruhe, in: Stadtzeitung, 16.6.2000.
Marlene Angermeyer-Deubner: Das Institut für Kunstgeschichte an der Technischen Hochschule Fridericiana in Karlsruhe im Nationalsozialismus 1933-1945, in: Jahrbuch der Staatlichen Kunstsammlungen in Baden-Württemberg 40 (2003), S. 63-79.
Martin Papenbrock: Kunstgeschichte an Technischen Hochschulen in Deutschland in den Jahren 1933 bis 1945. Das Beispiel Karlsruhe, in: Kunstgeschichte im Nationalsozialismus, hg. von Nikola Doll, Christian Fuhrmeister und Michael H. Sprenger. Weimar 2005, S. 61-70.
Martin Papenbrock: Der Lehrstuhl für Kunstgeschichte in Karlsruhe. Ein Rückblick, in: Katharina Büttner, Martin Papenbrock (Hg.): Kunst und Architektur in Karlsruhe. Festschrift für Norbert Schneider, Karlsruhe 2006, 179-191.