Breuer, Marcel (Lajos)

ungar., später US-amerik. Architekt und Möbel-Designer,
* 21.(22.)05.1902 Pécs (Ungarn) vorm. Fünfkirchen, † 01.07.1981 New York, Rel.: jüdisch(e Herkunft), Mtgl.: BDA (1931)

 

Marcel Breuer

Ausbildung, Tätigkeit vor 1933:
1920 Studium an der Akademie der Künste in Wien, diese ohne Abschluss im selben Jahr verlassen, anschließende Mitarbeit in einem Wiener Architekturbüro
1920-24 Tischlerlehre im Bauhaus Weimar
1920-22 befasst sich mit Malerei, Möbeldesign und graphischen Künsten
1921 Entwurf „romantischer Lehnstuhl“, Mitgestaltung der Diele im Haus Sommerfeld, u. a. Sessel und Teetisch, Berlin, Asternplatz, entworfen von Gropius und Meyer
1922 Entwurf (Holz)Lattenstuhl, Anlehnung an Gerrit Rietvelds „rot-blau Stuhl“ (1917)
1923 erste Architekturentwürfe, u. a. Mitarbeit an Serienhäusern im Büro Gropius; im Juni Fertigung des Gesellenstücks „Toilettentisch der Dame“ für das Musterhaus am Horn, Weimar, sowie Entwurf weiterer Möbel im Wohnraum und im Damenschlafzimmer; im Spätjahr Ernennung zum Etatgesellen
1924 Abschluss mit der Gesellenprüfung, Entwurf Apartmenthaus mit Laubengang, ab Herbst 1924 mehrmonatiger Aufenthalt in Paris zwecks Architekturstudien
1925 Entwurf Kleinmetallhaus, Einrichtungsauftrag Galerie Nierendorf, Berlin; Ernennung zum Jungmeister, Leiter der
Möbelwerkstatt am Bauhaus Dessau; Entwurf der ersten Stahlrohrsessel
1926 Einrichtungsauftrag der Wohnung des Kunstsammlers Thost, Hamburg
1926/27 Gründung der Firma Standart-Möbel, in Zusammenarbeit mit dem ungarischen Architekten Stefan Lengyel, ohne vorhergehende Absprache mit dem Bauhaus, was im April 1927 durch ungeklärte Produktrechte zur „Breuerkrise“ führt, die von Gropius beigelegt wird
1927 Präsentation des „Stahlclubsessel“, Typ B3, offizielle Bauhaus-Beschriftung „Sessel aus gezogenem, vernickeltem Stahlrohr mit Spanngurten“, dem späteren Wassily, Einrichtung der Wohnung des Theaterregisseurs Erwin Piscator Berlin, Katharinenstraße, Publikation der Arbeit in vielen Zeitschriften und Illustrierten als Beispiel modernen Wohnens. Mitarbeit am Projekt „Bambos“-Erweiterung der Bauhausmeistersiedlung.
1928 Publikation dreier Varianten der Bambos Grundrisse, basierend auf der 1925 entwickelten Kleinwohnhaus-Typologie, wenig später Kündigung der Jungmeisterstelle am Bauhaus; am 30. Juni Auflösung der Zusammenarbeit mit Standart-Möbel und Verkauf der Rechte;
Eröffnung eines Architekturbüros in Berlin, Aufnahmeverweigerung durch den BDA, Breuer erhält keine Bauaufträge, führt statt dessen Umbauten aus und setzt die Entwicklung von Typenmöbeln fort
1929-31 Tätigkeit für den Möbelhersteller Thonet, der unterdessen die Firma Standart-Möbel übernahm
März 1931 Aufnahme in den BDA durch Fürsprache von Gropius, Teilnahme an der Bauausstellung in Berlin mit einem „Haus für einen Sportler“ und einem 70 qm Apartment, im November Schließung des Büros, Vortrag vor dem Schweizer Werkbund in Zürich über „die Wohnung und ihre Einrichtung“, anschließend mehrmonatige Reise durch Südfrankreich, Spanien und Nordafrika
1932 (erster) Bauauftrag, Haus Harnischmacher, Wiesbaden

Tätigkeit seit 1933, Exilstationen:
1933 Emigration nach Ungarn. Bürogemeinschaft mit F. Molnár und J. Fischer
Dezember 1934 erste Überlegungen einer Übersiedlung nach England
Juli 1935 erster Besuch in London
November 1935 Partnerschaftsvertrag mit Francis Reginald Stevens Yorke, Auflösung der Wohnung in Budapest
1937 Emigration in die USA, Dozent an der graduate school of design der Harvard University, später Professur. Aufbau einer Architekturfakultät im Zusammenwirken mit Gropius, Gründung einer Bürogemeinschaft mit Gropius
1941 Auflösung der Bürogemeinschaft Gropius/Breuer, Gründung eines eigenen Architekturbüros

Tätigkeit nach 1945:
1946 Aufgabe der Lehrtätigkeit an der Harvard University und Verlegung des Büros nach New York
1948 Wanderausstellung zu Breuers Arbeiten, zusammengestellt vom Museum of Modern Art, New York
1956 Büroumbenennung in „Marcel Breuer and Associates“, Hauptsitz in New York, Dependance in Paris
1976 Ruhestand

Bauten/Projekte 1933-45:
1934 Doldental Häuser, Zürich, Planungsgemeinschaft mit Alfred und Emil Roth, Serienfertigung der 1932 erstmals erprobten Stühle aus Aluminium, im April Vortrag zum Thema „Wo stehen wir?“ im Kunstgewerbemuseum, Zürich, Entwurf Apartmenthaus Harnischmacher, Wiesbaden, nicht ausgeführt.
1935 (teilweise) ausgeführter Entwurf für die Frühjahrsmesse in Budapest, ev. Wohnhausprojekt an der Donau, Kontakt nach Deutschland durch Herbert Bayer, Entwurfsgespräche zum Haus Bayer, überwiegend tätig als Möbeldesigner
1936 Entwurf eines Idealstadtmodells „garden city of the future“, Entwurf und Ausführung des „Gane's Pavilion“, Bristol, kleiner Ausstellungskubus für einen Möbelhersteller sowie Realisierung des „sea lane house“ in Sussex, Wettbewerb Grundschule, London, Einsatz neuer Baumaterialien wie Naturstein und Holz
1937/38 Mitwirkung am Haus Gropius, Lincoln, Massachusetts
1938 Haus Hagerty, Cohasset, Massachusetts, Wettbewerb Wheaton College and Art Center, Norton, Massachusetts, nicht ausgeführt
1938/39 Haus Breuer I, Lincoln, Massachusetts, Wettbewerb College of William and Mary, Williamsburg, Virginia, nicht ausgeführt
1939 Haus Ford, Lincoln, Massachusetts, Haus Fischer, New Hope, Pennsylvania
1939/40 Wettbewerb Black Mountain College, North Carolina, nicht ausgeführt
1938-40 Haus Frank, Pittsburgh, Pennsylvania
1940/41 Haus Weizenblatt, Ashville, North Carolina, Haus Able, Farmingham, Massachusetts
1940/41 Chamberlain Cottage, Wayland, Massachusetts
1941/42 Siedlung für Arbeiter der Kriegsindustrie, New Kensington, Pennsylvania
1942 Yankee Portable, Studie zum portablen Haus
1945 Wettbewerb Smith College, Northhampten, Massachusetts, nicht ausgeführt
1944-46 Haus Geller I, Lawrence, Long Island, N.Y.

Bauten/Projekte nach 1945:
1947 Haus Breuer II, New Canaan, Connecticut
1949 „House in the Museum Garden“, Musterhaus für das Museum of Modern Art, New York, bis Mitte der 50er Jahre folgen ca. 70 Privathäuser
1953 UNESCO Gebäude, Paris, Zusammenarbeit mit Pier Luigi Nervi und Bernhard Zehrfuß
1956 Büroumbenennung in „Marcel Breuer and Associates“, Hauptsitz in New York, Dependance in Paris
1956-59 Botschaft der Vereinigten Staaten von Amerika in den Niederlanden
1960-62 IBM Forschungscenter, La Guade, Frankreich
1964-66 Bibliothek der Saint John's University, Collegeville, Minnesota sowie Whitney Museum of American Art, New York
1967-70 University of Massachusetts, Amherst, Massachusetts sowie Yale University, New Haven, Connecticut
1968-70 Cleveland Museum of Modern Art, Ohio
1968-72 IBM Hauptverwaltung, Boca Raton, Florida
1973-75 Mundipharma, Verwaltungsbau, Limburg, BRD, Australische Botschaft, Paris, Frankreich
1974 Wettbewerb, Landesmuseum Nordrhein-Westfalen, Düsseldorf, nicht ausgeführt
1974-75 Stadtbibliothek Clarksburg, West Virginia
1975-78 State University of New York, Amherst, New York
1977-80 Stadtbibliothek in Atlanta, Georgia

Literatur:
AKL 14/1996: 171-172
BHE II/1999: 153-154
Christopher Wilk, Marcel Breuer. Furniture and Interieurs, New York 1981
Joachim Drill, Marcel Breuer, das architektonische Frühwerk bis 1950, Dissertation, Freiburg 1990
Manfred Ludwig/Magdalena Droste, Marcel Breuer Design, Köln 1992
Joachim Driller, Marcel Breuer, die Wohnhäuser 1923-1973, Stuttgart 1998
Isabelle Hyman, Marcel Breuer, architect. The career and buildings, New York 2001


Bearbeitet von Thorsten Schäfer

 

Doldental Häuser, Zürich 1934

 

Modell „Garden city of the future“, 1936

 

Sea Lane House, Sussex,1936

 

Haus Frank, Pittsburgh, Pennsylvania, 1938-40

 

Siedlung für Arbeiter der Kriegsindustrie, New Kensington, Pennsylvania, 1941/42