Eat Art

Eat Art. Culinary Highlights in Art

Seminar-Reihe für BA und MA

Sommersemester 2019

Leitung: Prof. Dr. Inge Hinterwaldner

Studierende / Students: Mireille Bart, Saskia Baude, Alexandra Brjezovskaia, Stefanie Bühler, Denise Ganz, Viktoria Gellner, Hannah Göller, Marie Günter, Stella Ivanova, Nikolas Jakob Maisch, Samantha McLean, Katharina Partem, Chloé Schindler, Caragh Sheehan, Georg Vigier.

Die Erforschung antiken Essens kam in den letzten Jahrzehnten in mehreren Disziplinen in den Blick, nach Archäologie und den Naturwissenschaften, interessieren sich nun auch stärker Soziolog*innen und Literaturwissenschaftler*innen dafür. Hier hingegen liegt der Fokus auf den überlieferten bildlichen Darstellungen von Lebensmitteln. Mit welchen Inhalten werden sie verbunden und in welchen Kontexten stehen diese Darstellungen im Unterschied zur Wiedergabe von Essen seit der Etablierung des (Mahlzeiten)Stilllebens als eigenständige Gattung um 1600? Das Stillleben, welches die Früchte ihrem Entstehungskontext entnimmt und auf eine erhöhte Ablage – wie einem Tisch – bewusst platziert und zur Schau stellt, hat in sich verschiedene Gattungstypen ausdifferenziert – vom Prunkstillleben, und monochromen Banketjes wie man sie in Holland vorfindet hin zu reduzierten, formalisierten Setzungen, die in Spanien des 17./18. Jahrhunderts zu beobachten sind. Zur Zeit des Absolutismus werden im Adel Feste üppig gefeiert. Ein Blick auf die gedeckte Tafel, inklusive der Tischverzierungen aus Zuckerguss und anderem Verzehrbaren eröffnet die Thematik des Essens mit den Augen, des Augenschmauses nochmals anders. Mitunter feiern auch die Götter prachtvoll. Nahrung hat seit jeher eine enge Beziehung zu Kult und Religion, man denke an Opfergaben und rituelles Essen. Wie stellt sich hier das Verhältnis zwischen Kannibalismus im religiösen Kontext und jenem im Kunstkontext dar? Zudem formulierte Oswald de Andrade 1928 in Lateinamerika das Konzept der Antropofagia als die Idee des Sicheinverleibens (anderer Kulturen) als eine Reaktion auf koloniale Einwirkungen. Kulturelle kulinarische Verfeinerungsprozesse finden in der Küche statt, die einerseits die Rollen- und Geschlechterzuschreibung thematisieren lassen, andererseits auch Ansätze bieten, um über das Essen Gemeinschaften zu gründen und ggf. Institutionskritik zu üben. Wer im künstlerischen Kontext Mahlzeiten verteilt, entzieht sich mitunter auch dem Kunstmarkt bzw. sucht Wege zu neuen Kunstformen mit partizipativem oder infrastrukturellem Charakter. Besonders seit den 1960er Jahren entdeckten Kunstschaffende auch Lebensmittel (Schokolade, Käse, Wurst etc.) oder den verlassenen Frühstückstisch samt Essensresten als Gestaltungsmaterial. Mit dem Aufkommen des ökologischen Gedankens seit den 1970er Jahren nehmen Künstler*innen und Architekt*innen eine längere Nahrungskette in den Blick und entwerfen Wohnräume für gemischte Spezies oder schauen auf die Auswirkung von Massenhaltungen, die zu gerne den Blicken der Öffentlichkeit entzogen werden. Die industrielle Nahrungswirtschaft greift zur Ertragsoptimierung auch in die DNA der Früchte ein, was Kunstschaffende ebenso kommentieren.

Diese Lehrveranstaltung bot eine Rückkopplung an viele der Bereiche, die mit dem Essen zu tun haben (Ökologie, Biologie, Soziologie, Ästhetik, Religion etc.) und besah sich, wie mit dem Essen bildnerisch umgegangen wird und welche Haltungen daraus erkennbar werden.

In recent decades, research into ancient food has come to the fore in several disciplines, including archaeology and the natural sciences. Sociologists and literary scholars are now also more interested in analyzing according habits and texts. In contrast, this seminar focuses on the pictorial depictions of food. What contents are they associated with and in what contexts do these representations stand? Around 1600, the representation of food got established with the independent genre of (meal) still life. The still life normally shows fruits taken from their context of growth and deliberately places them on a raised horizontal entity - like a table - and displays them. The genre has differentiated into various subgenres - from the magnificent still life, and monochrome banquet as found in Holland, to reduced calm settings that can be observed in Spain of the 17th and 18th century. At the time of absolutism, nobility celebrated opulent feasts. A glance at the table setting, including the sugar decorations and other edible items, opens up the theme of eating with the eyes in a different way. Sometimes, the gods also celebrate splendidly, as is shown in some prints. Food has always had a close relationship to cult and religion, we may think of offerings and ritual food. How does the relationship between cannibalism in the religious context and that in the art context present itself? In 1928 Oswald de Andrade also formulated the concept of anthropofagia in Latin America as the idea of incorporation (of other cultures) in reaction to colonial influences. Cultural culinary refinement processes take place in the kitchen, which, on the one hand, allow the attribution of gender roles to be thematized and, on the other hand, also offer approaches for founding communities through eating and for exercising institutional critique. Distributing meals in an artistic context tends to undermine the logic of the traditional art market or seeks ways to new art forms with a participatory or infrastructural character. Particularly since the 1960s, artists have also discovered food (chocolate, cheese, sausage, etc.) or the abandoned breakfast table including leftovers as material. With the advent of the ecological idea in the 1970s, artists and architects took a longer food chain into account and designed living spaces for mixed species or looked at the effects of mass attitudes, which are too often withdrawn from public view. The industrial food industry also intervenes in the DNA of the fruits in order to optimise yields, which is also commented on by artists. This seminar aims to link many of the areas related to food (ecology, biology, sociology, aesthetics, religion, etc.) back to how food is treated pictorially.

Poster

Booklet


Am 13. Juli 2019 gab es eine gemeinsame Sitzung mit dem Seminar von Prof. Joaquín Medina Warmburg im Seminarraum der Baugeschichte unter dem Motto "Futuristisches Kochen" / "Futurist Cooking". Erstellt wurden in Ermangelung einer Herdplatte diverse Cocktails, manche strikt nach futuristischen Rezepten, manche in Anlehnung daran adaptiert.